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EU AI Act: Was Unternehmen jetzt über das neue KI-Gesetz wissen müssen

Yvonne Wicke | 30:04:2025

Das Wichtigste in Kürze

Der EU AI Act ist das weltweit erste umfassende Gesetz zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz. Er verfolgt das Ziel, einheitliche Standards für den sicheren und verantwortungsvollen Einsatz von KI-Systemen innerhalb der Europäischen Union zu schaffen. Grundlage bildet ein risikobasierter Ansatz, der KI-Anwendungen in vier Risikoklassen einteilt – von minimalem bis zu unzulässigem Risiko. Je nach Einstufung gelten spezifische Pflichten für Anbieter und Anwender von KI, insbesondere in Bezug auf Transparenz, Dokumentation, menschliche Aufsicht und Datenqualität. Unternehmen müssen zudem sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden über ausreichende KI-Kompetenzen verfügen. Besonders relevant ist der AI Act nicht nur für europäische Unternehmen, sondern auch für internationale Anbieter, deren KI-Systeme in der EU eingesetzt werden. Verstöße gegen die Verordnung können mit Bußgeldern von bis zu 6 % des weltweiten Jahresumsatzes geahndet werden. Trotz aller regulatorischen Anforderungen bietet der EU AI Act auch eine Chance: Er schafft Rechtssicherheit, stärkt das Vertrauen in KI-Technologien und kann als Katalysator für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit im europäischen KI-Bereich wirken.

Einführung in den EU AI Act

Ziel und Bedeutung der neuen EU-Verordnung

Mit dem EU AI Act setzt die Europäische Union einen globalen Meilenstein in der Regulierung von Künstlicher Intelligenz. Ziel des Gesetzes ist es, einheitliche Rahmenbedingungen für die Entwicklung, den Einsatz und die Vermarktung von KI-Systemen zu schaffen – immer im Einklang mit den europäischen Grundwerten wie Datenschutz, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit. Unternehmen sollen damit nicht nur klare Leitlinien zur Verfügung haben, sondern auch ein verlässliches Regelwerk, das Innovation mit Verantwortung verbindet.

Die Verordnung adressiert eine zentrale Herausforderung: Während sich KI-Anwendungen rasant weiterentwickeln, hinkten bisherige gesetzliche Regelungen weit hinterher. Der AI Act schließt diese Lücke, indem er verbindliche Anforderungen formuliert – differenziert nach dem Risiko, das von einer Anwendung ausgeht.

Rolle der Europäischen Kommission und Rechtsstaatlichkeit

Die Europäische Kommission übernimmt eine tragende Rolle bei der Umsetzung und Weiterentwicklung des EU AI Acts. Sie definiert nicht nur die technischen Standards, sondern überwacht auch die Einhaltung der Vorschriften durch die Mitgliedstaaten. Gleichzeitig ist ein neues europäisches Gremium, das „AI Board“, für die Koordination und Konsistenz der Anwendung zuständig.

Durch diese zentralisierte Steuerung soll sichergestellt werden, dass die KI-Verordnung nicht nur auf dem Papier existiert, sondern auch effektiv umgesetzt wird. Besonders betont wird dabei der Schutz der Grundrechte, etwa in Bezug auf Diskriminierungsfreiheit, Meinungsfreiheit und die Menschenwürde – Grundpfeiler, die jede KI-Entwicklung in der EU berücksichtigen muss.

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Hochrisiko-KI-Systeme: Definition, Beispiele und Anforderungen

Hochrisiko-KI-Systeme stehen im Zentrum des EU AI Acts, da sie in besonders sensiblen Bereichen eingesetzt werden – dort, wo Entscheidungen mit tiefgreifenden Auswirkungen getroffen werden. Dazu zählen unter anderem die Personalauswahl, Kreditwürdigkeitsprüfungen, medizinische Diagnosen oder biometrische Identifikationen. In diesen Fällen müssen Unternehmen nicht nur mit höheren regulatorischen Anforderungen rechnen, sondern auch besondere Verantwortung übernehmen, um Missbrauch, Diskriminierung oder fehlerhafte Entscheidungen zu vermeiden.

Der Gesetzgeber verpflichtet Unternehmen zur Einhaltung eines klar definierten Maßnahmenkatalogs:

✅ Verwendung qualitativ hochwertiger Daten, um Verzerrungen und Diskriminierung zu vermeiden

✅ Technische Robustheit, etwa Schutz vor Manipulation und Ausfällen

✅ Transparenz der Funktionsweise, durch nachvollziehbare Dokumentation und Offenlegung

✅ Menschliche Aufsicht, um automatisierte Entscheidungen jederzeit kontrollieren und korrigieren zu können

✅ Informationspflichten gegenüber Nutzern, wenn diese mit einem solchen KI-System interagieren

Nur wer diese Anforderungen konsequent umsetzt, darf Hochrisiko-KI-Systeme auf dem europäischen Markt einsetzen oder vertreiben. Für Unternehmen bedeutet das: Der technische Anspruch steigt – aber gleichzeitig auch die Chance, sich durch Qualität, Sicherheit und ethisches Handeln von der Konkurrenz abzuheben.

Anforderungen für Unternehmen: Was konkret zu tun ist

Mit dem Inkrafttreten des EU AI Acts stehen Unternehmen vor der Aufgabe, ihre KI-Strategie nicht nur technologisch, sondern auch regulatorisch neu auszurichten. Die Anforderungen gelten nicht nur für Entwickler von KI-Systemen, sondern auch für Unternehmen, die KI in ihrer täglichen Praxis einsetzen – insbesondere im Hochrisiko-Bereich. Dabei gilt: Je höher das potenzielle Risiko, desto umfassender die Verpflichtungen.

Unternehmen müssen ihre internen Strukturen, Prozesse und Systeme gezielt anpassen, um den neuen rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden. Die Herausforderung besteht dabei nicht allein in der technischen Umsetzung, sondern in der Etablierung einer funktionsübergreifenden KI-Governance.

Technische und organisatorische Pflichten

Die Regulierung verlangt ein umfassendes Managementsystem für den verantwortungsvollen KI-Einsatz. Dabei müssen technische Sicherheit, Nachvollziehbarkeit und Datenintegrität ebenso berücksichtigt werden wie interne Abläufe und Rollen.

Zu den zentralen organisatorischen Maßnahmen gehören:

  • Die Benennung von Verantwortlichen für den Betrieb und die Überwachung von KI-Systemen
  • Der Aufbau interner Kontroll- und Meldeverfahren bei Systemausfällen oder Fehlverhalten
  • Die klare Zuweisung von Zuständigkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette
  • Die Einbindung von Datenschutz, IT, Recht und Compliance in ein einheitliches Governance-Modell

Diese Struktur ermöglicht es Unternehmen, jederzeit auf regulatorische Anforderungen zu reagieren und das Vertrauen von Kunden, Geschäftspartnern und Aufsichtsbehörden zu stärken.

Dokumentation, Transparenz und menschliche Kontrolle

Ein weiterer Kernaspekt ist die Pflicht zur ausführlichen Dokumentation. Unternehmen müssen nachweisen können, wie ihre KI-Systeme funktionieren, auf welchen Daten sie basieren und welche Entscheidungslogiken zum Einsatz kommen. Diese Nachvollziehbarkeit ist zentral für interne Audits wie auch für externe Prüfungen.

Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass Entscheidungen von KI-Systemen durch Menschen kontrollierbar bleiben. Besonders in sensiblen Anwendungsbereichen ist es entscheidend, dass automatisierte Prozesse gestoppt oder angepasst werden können – etwa bei fehlerhaften Ausgaben oder unerwartetem Verhalten.

Schulungspflichten und Kompetenzaufbau

Die Einführung von KI-Systemen bringt neue Anforderungen an das Know-how im Unternehmen mit sich. Der AI Act verpflichtet Unternehmen dazu, das notwendige Fachwissen intern aufzubauen – nicht nur bei Entwicklerteams, sondern auch bei Projektleitern, Compliance-Beauftragten, Datenschutzverantwortlichen und Führungskräften.

Nur wenn alle Beteiligten ein grundlegendes Verständnis für rechtliche, technische und ethische Aspekte von KI haben, ist eine sichere und regelkonforme Nutzung gewährleistet.

Risikoklasse Beispiele für Anwendungen Pflichten für Anbieter
Unzulässiges Risiko Social Scoring, psychologische Manipulation, biometrische Echtzeitüberwachung Verbot der Entwicklung, Bereitstellung und Nutzung
Hohes Risiko Bewerberauswahl, Kreditbewertung, medizinische Diagnostik
  • Konformitätsbewertung
  • Dokumentation & Protokollierung
  • Transparenzpflichten
  • Menschliche Aufsicht
Begrenztes Risiko Chatbots, Text- und Bildgeneratoren Transparenz gegenüber Nutzenden (Hinweis auf KI-Nutzung)
Minimales Risiko Spamfilter, Produktvorschläge Keine besonderen Pflichten, freiwillige Selbstregulierung empfohlen

Auswirkungen auf Innovation und Wirtschaft

Chancen für den Standort Europa und Start-ups

Der EU AI Act wird oft kritisch als bürokratisches Hemmnis für Innovation betrachtet – dabei steckt in der Verordnung großes wirtschaftliches Potenzial. Denn was er tatsächlich schafft, ist ein verlässlicher und einheitlicher Rechtsrahmen, der Unternehmen in der EU klare Orientierung bietet. Für innovative Unternehmen, insbesondere Start-ups, bedeutet das: Planbarkeit, Rechtssicherheit und klare Leitplanken für verantwortungsvolle KI-Entwicklung.

Europa positioniert sich mit dem AI Act strategisch als globaler Vorreiter für ethische und sichere KI. Unternehmen, die sich frühzeitig auf die Anforderungen einstellen, können sich einen erheblichen Wettbewerbsvorteil sichern – etwa durch schnellere Marktzulassung, mehr Vertrauen bei Nutzenden und besseren Zugang zu Fördermitteln. Gerade im internationalen Vergleich wird deutlich: Ein strukturierter Regulierungsrahmen kann zur Standortstärke werden.

Herausforderungen für die Entwicklung und den Einsatz von KI-Lösungen

Trotz der Vorteile birgt die Verordnung auch Herausforderungen: Der Umsetzungsaufwand – insbesondere bei Hochrisiko-KI – ist erheblich. Unternehmen müssen technisches, juristisches und organisatorisches Know-how vereinen, was vor allem für kleinere Akteure anspruchsvoll ist. Zusätzlich erschwert der fortlaufende technische Wandel eine nachhaltige Implementierung: Systeme müssen kontinuierlich geprüft, angepasst und dokumentiert werden.

Auch der Markt für KI-Dienstleistungen und Zertifizierungen steht noch am Anfang. Viele praktische Fragen – etwa zur konkreten Auslegung der Vorschriften oder zur nationalen Umsetzung durch die Mitgliedstaaten – sind noch offen. Das führt bei Unternehmen zu Unsicherheiten, wann welche Pflichten konkret gelten.

Strategien für Compliance und Innovation

Um die Herausforderungen in Chancen zu verwandeln, sollten Unternehmen jetzt strategisch handeln. Dazu gehört:

  • Die frühzeitige Integration regulatorischer Anforderungen in Produktentwicklungsprozesse
  • Die enge Zusammenarbeit zwischen Technik, Recht, Datenschutz und Management
  • Der Aufbau von Partnerschaften mit spezialisierten Beratungen, Zertifizierungsstellen und Technologieanbietern
  • Die kontinuierliche Beobachtung regulatorischer Updates und technischer Standards

Wussten Sie schon?
Der EU AI Act ist bewusst technologieoffen formuliert. Das bedeutet: Unternehmen können Innovationen weiterentwickeln – solange sie die definierten Schutzmechanismen einhalten. Damit setzt die EU ein deutliches Signal: KI ja – aber sicher, kontrolliert und im Sinne der Grundrechte.

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So gelingt der Einstieg in die KI-Regulierung

Der EU AI Act mag auf den ersten Blick komplex wirken – doch mit einer klaren Strategie lässt sich der Einstieg strukturiert und effizient gestalten. Entscheidend ist, nicht abzuwarten, sondern aktiv zu handeln. Unternehmen, die frühzeitig mit der Umsetzung beginnen, sichern sich nicht nur regulatorische Konformität, sondern auch wertvolle Wettbewerbsvorteile.

5 Schritte zur Umsetzung in Ihrem Unternehmen

Ein praxisorientierter Ansatz für den erfolgreichen Umgang mit den neuen Anforderungen umfasst folgende Schritte:

  1. Bestandsaufnahme durchführen
    Identifizieren Sie alle eingesetzten und geplanten KI-Systeme – inklusive Drittanbieterlösungen und individueller Entwicklungen.
  2. Risikobewertung vornehmen
    Klassifizieren Sie Ihre KI-Anwendungen gemäß den vier Risikostufen des EU AI Acts und analysieren Sie deren Auswirkungen auf Nutzer und Geschäftsprozesse.
  3. Regelkonforme Strukturen etablieren
    Implementieren Sie interne Prozesse für Dokumentation, Qualitätssicherung, Meldesysteme und menschliche Aufsicht.
  4. Mitarbeitende schulen
    Erarbeiten Sie Schulungskonzepte zur rechtlichen, ethischen und technischen Qualifizierung Ihrer Teams – angepasst an Rollen und Verantwortlichkeiten.
  5. Monitoring und Anpassung integrieren
    Verankern Sie kontinuierliche Überprüfungen und Updates der KI-Systeme sowie ein aktives Beobachten der regulatorischen Entwicklungen auf EU-Ebene.

Rolle von Governance, Standards und interner Kontrolle

Ein zentrales Element für nachhaltigen Erfolg ist eine durchdachte KI-Governance. Dazu gehört nicht nur die Einhaltung gesetzlicher Standards, sondern auch die interne Verankerung von Verantwortlichkeiten, ethischen Leitlinien und standardisierten Bewertungsprozessen. Unternehmen sollten frühzeitig entsprechende Gremien, GRC-Strukturen (Governance, Risk, Compliance) oder KI-Steuerungskreise aufbauen.

Gerade im Zusammenspiel zwischen Technologie und Unternehmensethik wird deutlich: Die KI der Zukunft ist nicht nur eine Frage der Innovation, sondern der Werteorientierung.

Unterstützung durch externe Partner und Tools

Kaum ein Unternehmen wird die Umsetzung des AI Acts allein stemmen können. Umso wichtiger ist es, auf spezialisierte Partner zu setzen – etwa aus den Bereichen:

  • Compliance-Beratung
  • Technische Audits
  • Datenschutz- und Ethikberatung
  • Tools für automatisierte Dokumentation und Monitoring

Diese Zusammenarbeit spart nicht nur Zeit und Ressourcen, sondern stärkt auch die fachliche Qualität der Umsetzung – und erhöht die Wahrscheinlichkeit, langfristig konform und innovationsfähig zu bleiben.

Häufig gestellte Fragen zum EU AI Act

1. Was regelt die Verordnung über künstliche Intelligenz und wann tritt sie in Kraft?

Die Verordnung über künstliche Intelligenz (EU AI Act) definiert klare Regeln für die Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen in Europa. Sie verfolgt das Ziel, Vertrauen, Sicherheit und Grundrechte zu stärken. Die ersten Regelungen treten bereits im August 2024 in Kraft – weitere Pflichten folgen gestaffelt bis 2027.

2. Welche Unternehmen sind vom EU AI Act betroffen?

Alle Unternehmen – vom Konzern bis zum Start-up – die KI-Systeme anbieten, integrieren oder nutzen, sind verpflichtet, sich an die Vorgaben zu halten. Für KMUs und Start-ups gibt es vereinfachte Verfahren, jedoch keine inhaltlichen Ausnahmen.

3. Welche Anforderungen gelten für KI-Systeme mit allgemeinem Verwendungszweck?

KI-Systeme mit allgemeinem Verwendungszweck, wie große Sprach- oder Bildmodelle, unterliegen spezifischen Transparenz-, Dokumentations- und Risikomanagementpflichten. Dies betrifft auch KI-Anbieter, deren Modelle von Dritten weiterverwendet werden.

4. Was müssen Anbieter und Betreiber konkret umsetzen?

Anbieter und Betreiber müssen unter anderem:

  • die Risikoklasse jedes KI-Systems ermitteln,
  • technische und organisatorische Maßnahmen umsetzen,
  • eine umfassende System-Dokumentation führen,
  • die Einhaltung der Regeln regelmäßig prüfen.

5. Wie sieht eine praxisnahe Umsetzung der Anforderungen aus?

Unternehmen sollten eine interne KI-Seite bzw. Governance-Struktur etablieren, um Verantwortlichkeiten zu klären. Dazu gehört eine Zusammenfassung aller eingesetzten Systeme, deren Einstufung sowie der zugehörigen Sicherheits- und Kontrollmechanismen.

6. Welche Rolle spielt die Bundesregierung bei der Umsetzung?

Die Bundesregierung unterstützt Unternehmen mit Informationsangeboten, Schulungen und der Förderung von Innovation im KI-Bereich. Gleichzeitig ist sie zuständig für die nationale Überwachung der Einhaltung der Verordnung in Deutschland.

7. Was passiert mit sensiblen Daten wie Fotos oder biometrischen Informationen?

Bei KI-Anwendungen, die mit Fotos, Bildern oder personenbezogenen Daten arbeiten, gelten besonders strenge Vorschriften. Diese Anwendungen müssen klar gekennzeichnet sein – ein sichtbares Zeichen für Transparenz und Vertrauenswürdigkeit.

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